Die Zwölf Königreiche – der Roman

„Schenke mir bloß nie wieder so ein Buch! Daran liest man ja nur einen Tag lang! Man sollte sein Geld zurückverlangen!“ Mit diesen Worten drückte mir meine Mutter gestern den ersten Band von „Die Zwölf Königreiche“ in die Hand. Gut. Sich beschweren, weil man das Buch zu schnell ausgelesen hat? Tolle Idee. Vielleicht sollte ich so mal mein Geld für Harry Potter und Co. zurückverlangen. Meine Mutter bekommt auf jeden Fall zum nächsten Fest Das Kapital oder etwas ähnlich langlebiges.

Wenn ihr spoilerfreieweise etwas über den Inhalt erfahren wollt, schaut euch die offizielle Sektion auf der Tokyopop HP an. Ich habe gerade keine Lust, noch mal den Inhalt runterzubeten. Vielmehr geht es mir um die deutsche Version des Buches:

Aufmachung

Gleich beide Bände von Tsuki no Kage, Kage no Umi, d.h. nunmehr Der Schatten des Mondes – Das Meer der Schatten (und ich dachte, die Sheridan und Co. hätten die besiegt?), dem ersten Teil von der Saga der zwölf Ländereien, findet man in der 19,99 Euro teuren gebundenen Ausgabe. Das Cover macht einen vernünftigen Eindruck, auch wenn dazu YAMADA Akihiros Illustrationen kastriert wurden. Mein Problem ist vielmehr, dass man die dann innen zwar abgedruckt hat – aber nicht in Farbe. Ich würde jetzt gern einen lustig-kritischen Kommentar dazu abgeben, aber mein Humor hat grad mit mir Schluss gemacht. Netterweise ist das ganze auch im A5 Format gehalten (die japanischen Bände sind gerade mal halb so groß), so dass wir unsere Augen nun mit extragroßen Illus von Yamada-sensei verhätscheln können. Ein netter Touch ist auch das Lesebändchen (dafür hätten sie lieber die Coverillus in Farbe abdrucken sollen!), während ich es eher schade finde, dass es keinen Schutzumschlag gibt. Ich steh auf die Dinger – in Japan hat prinzipiell jedes Buch sowas, egal wie billig (na gut, es gibt auch Combini Manga Ausgaben zu Dumping Preisen ohne, aber…).

Das eigentliche Problem ist die Bindung. Einmal Lesen und das Teil zeigt Auflösungserscheinungen. Meine japanischen Originalausgaben waren keine 20 Euro Luxus-Ausgaben, sondern stinknormale Tascchenbücher – die sehen noch völlig jungfräulich aus….

Übersetzung

Den beiden Übersetzerinnen (Heike Boudalfa und Kimiko Nakayama-Ziegler) kann ich nur mein herzliches Beileid aussprechen. Bei so einem Werk hat man irgendwie schon von vornherein verloren. Die Autorin, ONO Fuyumi, hat die nette Angewohnheit, viele (ja, wirklich richtig viele) neue Wörter zu erfinden, die dann einfach mal eine Aneinanderreihung ihrer derzeitigen Lieblings-Kanji sind. Die Kanji haben natürlich auch, je nach Tagesform, eine mehr oder minder passende Bedeutung – so bringt die bloße Wiedergabe der Namen in Romaji eigentlich keinem Fabelwesen was. Da allerdings die Alternative eine Übersetzung der Namen gewesen wär (allein beim Gedanken wird mir ziemlich unwohl in der Magengegend), können wir wohl noch von Glück reden. Verwirrend ist ein wenig, dass Vokallängen bei Namen nicht angegeben werden. So wird aus Yôko schlicht Yoko. Das entspricht natürlich der gängig-deutschen Idiotentaktik. Personen, die im Original mit Dialekt reden, labern auch in der Übersetzung frisch fröhlich auf Proletariersprech ‚rum. Das könnte man natürlich auch kritisieren, aber ich hab‘ grad keine Lust dazu. Schön ist es, dass die Übersetzerinnen noch Fußnoten und ein Glossar beigefügt haben. Außerdem stehen da auch jedes Mal Kanji, wenn die Charas grad „Zeichen schreiben“.

Traurig ist auch irgendwie, dass Die Zwölf Königreiche ohne den kulturellen Zusammenhang eher wie nett-dumme Teeny-Literatur anmuten. Alte asiatische Konzepte von Ideal-Herrschaft und Co. werden hier mal in die Tat umgesetzt, philosophische Ideen wie das Mandat des Himmels werden absolut wort-wörtlich genommen, alte Fabelwesen laufen einem links und rechts über den Weg… es ist im Prinzip das, was Tolkien mit Herr der Ringe gemacht hatte: Die heutige Realität und unsere Mythen zusammenfassend mit der eigenen Fantasygeschichte Erklären. So wie Tolkien sich seine eigene Elfenversion zurecht spann (alles, was wir heute über Elfen wissen, sei ja völliger Mumpitz, so der Großmeister), ist Ono-sensei z.B. herrlich kreativ mit Kirin umgesprungen. Abgesehen davon, faszinierte mich schon immer dieses beinah aufklärerische Ideal, welches bei der Geschichte mitschwingt: Yôko erkämpft sozusagen selbst ihren Weg aus der selbstverschuldeten Unmündigkeit. Erwachsenwerden für Fortgeschrittene. Besonders deutlich wird das dann in Kaze no Banri, Meirei no Sora (gleich drei Heldinnen werden von rummeckernden, hilflos-zickigen Opfern der Umstände zu coolen, erwachsenen Weibsbildern). Natürlich setzt das ganze auch einen nicht gerade eben halbherzigen Schritt ins Feld der Kulturkritik. Durchschnittsjapaner werden dargestellt als relativ überzeugungslos – sie mobben, beten und leben halt einfach so vor sich hin, ohne sich was dabei zu denken. Der Weg des geringsten Widerstandes, der in Japan sogar noch ein Sahnetortenstück beliebter ist, als hierzulande, wird im Prinzip als Wurzel des Üblen dagestellt. Naja, imo natürlich. (Dies ist der perfekte Anlass, nen Kommentar abzulassen. *wink mit Zaunpfahl*)

Ach ja, zu dem ganzen gibt es natürlich auch noch einen Anime, der in D-Land bei Anime-Virtual erschienen ist. Der ist keine schlecht Umsetzung, allerdings zu Beginn etwas sehr kreativ…

Habe ich im Übrigen schon erwähnt, dass YAMADA Akihiro es echt und ernsthaft drauf hat? Hier mal zwei Scans von seinen Illus:

Ein weiteres Bild:

Der Mensch kann mit den verschiedensten Medien umgehen und überrascht immer wieder mit neuen Stil-Ideen. Ach ja, er hat auch bei RahXephon das Charadesign gemacht, wie eigentlich recht schwer zu übersehen is, wenn man zwei gesunde Augen und nen funktionierendes Hirn hat.

Hier noch mal die uns vorenthaltenen Originalcover von ihm:

Eigentlich wär heute auch noch der Tag für’s nächste Japan Aktuell, aber ich bin grad viel zu fertig. Morgen dann.